Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat zwei grundlegende Entscheidungen zum Umgang mit Flüchtlingen veröffentlicht. Es geht jeweils darum, wie EU-Staaten mit den Asyl-Entscheidungen anderer Mitgliedsländer umgehen müssen.
In dem einen Fall geht es um einen Kurden aus der Türkei, dem dort Totschlag vorgeworfen wird. Der Mann wurde 2010 in Italien als Flüchtling anerkannt, weil ihm wegen seiner Unterstützung der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) politische Verfolgung in der Türkei drohe. Die PKK wird auch von der EU als Terrorgruppe eingestuft. Seit 2019 lebt der Mann in Deutschland. Die Türkei schrieb ihn über Interpol zur Festnahme aus. Auf Grundlage dieses Haftbefehls wurde er in Deutschland festgenommen und saß vorübergehend in Auslieferungshaft.
Der EuGH stellte nun klar, dass ein Drittstaatsangehöriger nicht an sein Herkunftsland ausgeliefert werden darf, wenn ihm von einem EU-Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde. Laut dem Europäischen Gerichtshof darf der Mann zunächst also nicht in die Türkei ausgeliefert werden. Dies könne erst geschehen, wenn ihm in Italien der Schutz aberkannt werde. Die zuständige deutsche Behörde müsse nun Kontakt mit der italienischen Asylbehörde aufnehmen
Erkenne die italienische Behörde daraufhin die Flüchtlingseigenschaft ab, sei außerdem erforderlich, dass die deutsche Behörde selbst zu dem Ergebnis gelange, dass der Betroffene die Flüchtlingseigenschaft nicht oder nicht
mehr besitze. Darüber hinaus muss sich Deutschland laut der EuGH-Entscheidung vor einer Auslieferung an die Türkei vergewissern, dass für den Betroffenen dort keine ernsthafte Gefahr der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.
Griechische Asylentscheidung für Deutschland bindend?
In dem zweiten Fall geht es um eine Syrerin, die in Griechenland Flüchtlingsschutz erhalten hatte und später nach Deutschland kam. Ein deutsches Gericht entschied, dass die Frau wegen der dortigen Lebensverhältnisse für Flüchtlinge nicht nach Griechenland zurückgeschickt werden könne. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte es jedoch ab, ihr den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen. Es gewährte stattdessen subsidiären Schutz. Dagegen klagte die Frau.
Das Gericht entschied nun, dass EU-Länder nicht verpflichtet sind, einen jeweils zuerkannten Flüchtlingsstatus untereinander anzuerkennen. Wenn aber feststeht, dass der Person in diesem EU-Staat unmenschliche Behandlung droht, muss die zuständige Behörde eine neue Einzelfallprüfung vornehmen. Deutschland muss daher das Schutzgesuch der Syrerin erneut prüfen, wie die Große Kammer des EuGH in Luxemburg klarstellte.
Quelle: Deutschlandfunk