Annäherung bei Elbaal und Bismarckhering: Zwei Tage lang haben sich Kanzler Scholz und Präsident Macron in Hamburg getroffen. Sie beschworen die deutsch-französische Freundschaft und diskutierten über Klimaschutz und die Strommarktreform.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der französische Präsident Emmanuel Macron haben nach der ersten gemeinsamen Kabinettsklausur die Bedeutung der Freundschaft beider Länder für Europa betont. “Frankreich und Deutschland sind ein ganz wichtiges Paar für Europa”, sagte Scholz auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Hamburg. “Wenn Frankreich und Deutschland sich nicht verstehen, ist ganz Europa blockiert”, sagte Macron.
Bei Streitthemen wie der Reform des europäischen Strommarkts oder der Rüstungspolitik gab es aber keine sichtbaren Fortschritte.
“Europa muss unser Motor sein”
Deutsch-französische Kabinettssitzungen gibt es schon lange und regelmäßig. Dass beide Regierungen sich zwei Tage zusammen zurückziehen, um sich über Themen wie Künstliche Intelligenz, gesellschaftlichen Zusammenhalt oder industriellen Wandel zu unterhalten, ist aber etwas Neues. “Ich glaube, wir sind uns einig, dass das Format funktioniert. Wir werden es fortsetzen”, sagte Scholz. “Trotz des Schmuddelwetters” sei Hamburg eine gute Wahl gewesen, betonte der einstige Bürgermeister der Hansestadt.
Das Hauptziel des Treffens war es, nach vielen Konflikten im vergangenen Jahr zu demonstrieren, dass der viel beschworene deutsch-französische Motor Europas noch läuft und die Freundschaft beider Länder unerschütterlich ist.
“Wir sind nicht gleich – umso besser, denn das ist unsere Kraft, das ist das eigentliche Herz der europäischen Vitalität”, sagte Macron. Es müssten immer wieder neue Kooperationswege gefunden werden, um Dinge voranzubringen. Die Beziehungen müssten neu erfunden werden. “Europa muss unser Motor sein, während wir gleichzeitig sein Motor sind.”
Werksbesichtigung bei Airbus und Spaziergang in Blankenese
Scholz hatte Macron schon vor einigen Wochen nach Potsdam zu einem Abendessen fußläufig von seiner dortigen Wohnung eingeladen, um das persönliche Verhältnis zu Macron zu verbessern. Den beiden wird nachgesagt, dass die Chemie zwischen ihnen nicht so richtig stimmt, anders als bei Macron und Scholz’ Vorgängerin Angela Merkel (CDU). Jetzt also Hamburg, die Heimatstadt des Kanzlers, eine weitere Auflockerungsübung in den deutsch-französischen Beziehungen.
Nach einer Werksbesichtigung bei Airbus und einer Hafenrundfahrt gestern spazierten die beiden Regierungschefs heute durch den Stadtteil Blankenese und verköstigten eine Hamburger Spezialität: Fischbrötchen mit Elbaal und Bismarckhering.
Einigung bei Strommarktreform bis Endes Monats?
Lösungen für aktuelle Konflikte hatten die beiden am Ende aber nicht anzubieten. Beim Streit der EU-Länder um eine Strommarktreform und das Bereitstellen von günstigem Industriestrom kündigte Macron immerhin eine Einigung noch in diesem Monat an. Die Herausforderung sei es, die Wirtschaft klimaneutral aufzustellen und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben angesichts der USA, die geringere Energiepreise hätten und weniger abhängig seien.
Scholz betonte, beim Klimaschutzziel seien sich Frankreich und Deutschland einig, auch wenn die Wege unterschiedlich seien. “Das ist aber kein Anlass für Gegensätze, sondern einfach eine unterschiedliche Entscheidung.” Frankreich will den Preis für seinen Atomstrom notfalls selber festsetzen, um seine Industrie und Bevölkerung mit preisgünstiger Energie zu versorgen. Deutschland wiederum diskutiert über einen staatlich subventionierten Industriestrompreis, den aber auch Scholz skeptisch sieht.
Macron: Ziel ist ein dauerhafter Frieden in Israel
Scholz und Macron bekräftigten noch einmal ihre Solidaritätsbekundungen an Israel nach dem Terrorangriff der Hamas. “Dass Israel sich verteidigen muss, ist offensichtlich, dass es dabei unsere Unterstützung hat, auch”, sagte Scholz.
Macron äußerte die Hoffnung, dass es in den nächsten Tagen gelingen werde, “alle Attacken gegen israelisches Gebiet zu beenden, die Geiseln zu befreien und die Situation zu klären.” Ziel sei danach ein dauerhafter Frieden in der Region.